Aspektlehre - Teil 3
Zahlen können wir sozusagen als Objekte des menschlichen Denkens beschreiben, sie dienen dazu, Größenverhältnisse und Entfernungen zu errechnen, Phänomene zu erklären und menschliche Einschätzungen anzustellen. Zahlen können das Unsichtbare sichtbar, und somit erfahrbar machen. Mit ihnen können wir Messungen vornehmen, etwa um festzustellen in welcher Entfernung und Winkelbeziehungen sich das eine mit dem anderen Objekt verhält beziehungsweise, wie sie sich »anblicken« (aspektare).
Die Astrologie versteht das kosmische Zusammenspiel, das herrschende Kräfteverhältnis von Erde, Sonne, Mond und Planeten als mitbestimmend für die Charaktereigenschaften eines Individuums. Das Kosmogramm (Radix*) ist die Momentaufnahme der Planetenstände aus geozentrischer Sicht. Hier wird die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorherrschende Planetenkonstellation erfasst und anschließend in Zahlen objektiviert. Das Ganze wird zuletzt graphisch dargestellt und als sogenanntes Kosmogramm, Radix oder Horoskop für unser Auge sichtbar gemacht. Der Astrologe kann nun das Horoskop deuten. Demnach wird eine vorherrschende Zeitqualität als unsichtbares Phänomen für den Astrologen durch Zahlen, Formen und Aspekte sichtbar und somit erklär- und deutbar.
Die Wechselbeziehung von Planeten
Zahlenverhältnisse sind weit mehr als das bisher Dargestellte. Die Zahl gehört nicht nur zur Mathematik, sondern sie ist Ursprung allen Seins. Sie ist die Ausdrucksform der heiligen Geometrie, die auch als Grundelement der Mysterienüberlieferung dient, sie gehört der dem Universum zugrundeliegenden Harmonie an. Zoomen wir den Gedanken vom unendlichen Universum zurück und landen gedanklich auf der Erde und sehen zum Beispiel Landschaft. Auch die Schönheit der Natur basiert auf der Zahlenordnung. Dies lässt sich etwa mit der sogenannten Naturmathematik, der Fibonacci-Folge erklären. In einer unendlichen Zahlenreihe, die mit Null und Eins beginnt, werden die Ziffern in der Folge mit der vorhergehenden addiert: 0,1,1,2,3,5,8 – ein Phänomen, das sich eindrucksvoll bei Pflanzen und Blumen wiederfinden lässt, so folgen z. B. die in Spiralen angeordneten Samen der Sonnenblume, vom Gänseblümchen bis zum Tannenzapfen, alle Pflanzen und Bäume, einer bestimmten Zahlenreihe. In den bildenden Künsten dient die Zahl als Grundprinzip der Proportion. In Musik und Tanz gibt sie den zählenden Rhythmus an, Architektur und Statik, Natur und Wandel, überall wo wir hinschauen, alles was wir anblicken (aspektare) können wir für unser Auge durch Zahlen erklären und teilweise das unsichtbare Phänomen unseres Universums sichtbar machen. Bei genauem Hinsehen können wir das faszinierende Spiel von Rhythmen, Wiederholungen und Wiederkehr beobachten. Doch nur der Kundige, der Wissende erkennt den kausalen Zusammenhang der Naturphänomene. Die Zahl dient auch als Grundlage empirischer Wissenschaften, dabei ist selbstverständlich die altehrwürdige Erfahrungswissenschaft der Astrologie in den Vordergrund zu stellen.
Was wir bereits wissen
Beim Deuten von Aspekten in einem Horoskop geht es um Beziehungen zweier oder mehrerer Komponenten. Horoskopfaktoren wie Planeten, Zeichen, Kardinalpunkte und Häuser stehen in einer aktiven lebendigen Beziehung zueinander. Wir erinnern uns an Aspekte TEIL 1: Seit jeher werden Aspekte in »gute« und »schlechte« unterteilt. In der heutigen Zeit wird häufig auch von synthetischen und analytischen Aspekten gesprochen. Dies lässt sich auf den Astrologen Thomas Ring (*18. 11.1892, deutscher Dichter, Astrologe) zurückführen, der sich von der klassischen Ansicht der guten und bösen Zuschreibungen löste. »Analytische Aspekte« beinhalten demnach etwas Unvereinbares, Trennendes, »synthetische Aspekte« hingegen sind einander Erkennende und von verbindender Natur. Zahlensymbolische Deutungsansätze werden besonders in der jüdischen Mystik als elementar betrachtet und so bei Ausdruck und Deutung in den Vordergrund gestellt. Der berühmte Satz von Friedrich Weinreb: »Die Bibel ist ebenso wie der Kosmos von Zahlenverhältnissen bestimmt«, bringt dies eindrücklich zum Ausdruck. Wir wollen nun unser bereits gewonnenes Wissen bereichern und erweitern, indem wir uns an dem überlieferten Wissen der traditionellen Zahlensymbolik, in Verbindung mit Aspekten, bedienen dürfen.
Konjuktion, Opposition, Trigon, Quadrat
Die reine Konjunktion entspricht 0 Grad und wirft deshalb auch keinen Aspekt. Bei einer Konjunktion findet eine Fusion statt, das heißt, verschiedene Eigenschaften verschmelzen miteinander und ergeben ein neues Ganzes. Sie ist somit als eine Konzentration von Energie, eine Kernschmelze, die Stunde Null zu bezeichnen. Die Zahlensymbolik der EINS in Verbindung mit der Astrologie bedeutet, dass ein schöpferisches Potenzial vorhanden ist. Der Horoskopeigner ist sich der niemals versiegenden göttlichen Quelle an Energie meist nicht bewusst. Man kann die Konjunktion auch mit einem Laserlicht vergleichen: Es ist ein extrem kräftiges, gebündeltes Licht. Dort wo der Strahl auftrifft wird extrem viel Energie auf sehr kleiner Fläche konzentriert, so viel dass es selbst Stahlplatten durchschneidet. Der Horoskopeigener hat nun bei diesem Brennpunkt, an der Stelle im Horoskop wo die Konjunktion stattfindet, den Eindruck als wäre dort eine blinder Punkt. Dennoch drängt die Schöpferenergie der Konjunktion nach Entfaltung, nach Bewegung und es steht ein unbedingter Wille dahinter, ein Übermaß an Energie.
Die EINS hat sich geteilt und findet in der Opposition den Anderen, der nun angeblickt wird. Das heißt, es stehen sich, auf den Tierkreis bezogen, zwei gegenüber – z. B. steht der wilde, feurige Widder der sanften, luftigen Waage gegenüber. Es sind auch immer Zeichen von gleichem Wert, also ein kardinales Zeichen steht auch immer einem kardinalen gegenüber, ein fixes Zeichen wie etwa der Skorpion, steht dem Stier gegenüber und als Beispiel für veränderliche Zeichen stehen sich Zwilling und Schütze gegenüber. Wenn sich Planeten gegenüber stehen, solltest du darauf achten ob und in welcher Weise sich diese in in dieser Konstellation verstehen. Wenn beispielsweise Saturn dem Mars gegenüber steht, dann ergibt sich daraus Antrieb (Mars) und Hemmung (Saturn), blicken sich aber Jupiter und Venus an, so kann das je nach Häuserstellung großes Glück bedeuten.
Die EINS als Symbol des uranfänglichen Schöpfergedankens erkennt sich erst in der Trinität, in seiner Drei-Einigkeit. Wenn man den mundanen Tierkreis in zwölf Sektionen à 30 Grad gliedert und dreimal die vier Elemente mit einer Linie verbindet, dann haben sich sechsmal (3 mal 2) das männliche und das weibliche Prinzip kontaktiert. Der geometrische Ausdruck dafür ist das gleichseitige Dreieck. Das Dreieck ist die einzige zweidimensionale, geometrische Figur und steht in der Mystik für Harmonie und Stabilisierung: Der Energiestrom kann unangestrengt und leicht von einem Punkt zum anderen fließen.
Viermal verbinden wir die Punkte von 90 Grad. Die vier Kardinalpunkte sind so durch das Quadrat miteinander verbunden (siehe Grafik). Schauen wir uns das näher an: Verbindet man die Kardinalpunkte miteinander, dann begegnen sich durch das Quadrat immer zwei Elemente, die sich in ihrer Eigenschaft nicht optimal entsprechen. Es handelt sich um zwei Energien, die im Verhältnis zur Außenwelt nicht im Gleichmaß laufen. Die eine Strömung ist etwa schneller als die andere, oder die eine ist feurig, die andere wässrig, die eine luftig und die andere erdig – es ist ein »Durcheinanderwirken« von Energien. Dennoch können zwei widerstrebende Strömungen ein gemeinsames Resultat liefern. Das Quadrat und die Opposition ergeben sich durch eine geradzahlige Teilung des Kreises, wobei die Zahl 2 als Abteilung des Kreises zu sehen ist. Das Trigon und das Sextil entsprechen einer Dreierteilung, die eine Stabilisierung ermöglicht. Hat der Horoskopeigner also viele Quadrate in seinem Geburtshoroskop, dann muss er ständig und immer wieder scheinbar Unvereinbares unter einen Hut bringen. Wenn man so will, gehört das mit zu seinen Lebensaufgaben. Menschen die viele Quadraten im Horoskop aufweisen, haben es im Leben nicht leicht. Dennoch ist es bestimmt ein interessantes Leben, voller Erfahrungen und Erkenntnisse; man muss das Rätsel, welches das Quadrat aufgibt lösen!